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Wait to be seated – oder ist Anstand Generationsfrage?

Beitragsbild @rsseattle https://flic.kr/p/ezfKUf (cc by-sa)
(Beitragsbild @rsseattle https://flic.kr/p/ezfKUf (cc by-sa))

Es ist Ostersonntag, aufgrund der schlechten Wettervorhersage geht es nach Frankfurt a.M. ins MAK (Museum für angewandte Kunst). Wie in letzter Zeit oft in Museen ist die Erklärung in der Ausstellung etwas dürftig, hier heißt es leider oft, Dinge anschauen und selbst überlegen, was sie aussagen sollen.
Nach dem Museumsbesuch soll es noch in ein nettes Café gehen … das ist in Frankfurt gar nicht so einfach – so viele gibt es da unseres Wissens nach leider nicht.
Kurz hinter dem Römer abgebogen und wir stehen vor dem „Zart & Bitter“, ein Schoko-Laden mit einem Café. Nach Betreten der Tür kommen wir uns etwas wie in einem Geheimclub vor – zunächst durch einen schweren roten Vorhang und dann vor einem zweiten Vorhang warten. So bittet es uns jedenfalls das Schild zu tun – ein „Wait to be seated“ nur in deutsch und schön ausformuliert.
Ich bin sehr angetan, denn das in Deutschland übliche „ins Restaurant rennen und sich den besten Platz suchen“, finde ich persönlich nicht gut. Ich werde lieber vom Kellner begrüßt und zu einem Tisch geführt. Alternativ finde ich noch ok, wenn der Kellner begrüßt und bittet einen Platz selbst auszuwählen.
Nach kurzer Zeit werden wir hineingebeten und bekommen einen schönen Tisch im voll besetzten Café.
Die Tür bzw. den Vorhang im Blick bietet uns in der nächsten Stunde ein interessantes Schauspiel. Die einen warten wie vorgesehen am Eingang und werden dann hineingebeten, andere Stecken schon einmal den Kopf durch den Vorhang – aus meiner Sicht auch noch völlig ok.
Viele – und hier eigentlich nur etwas ältere Generationen – stürmen aber trotz Schild einfach in den Raum, schauen sich um und belagern Tische, von denen gerade eben erst jemand aufgestanden ist, und die nicht mal abgeräumt sind. Es geht so weit, dass eine Dame an der Kuchentheke lungert, bis ein Tisch frei wird und dann zu diesem sprintet – was die Kellnerin, die gerade zwei neuen Gästen (die gewartet haben) diesen Tisch anbieten möchte, doch recht verdutzt dastehen lässt.

Allgemein frage ich mich:

  • Warum hält man sich nicht an die Bitte, die die Café-Besitzer mit ihrem Schild äußern?
  • Haben nur jüngere Generationen Anstand?
  • Warum gibt es hier in Deutschland nicht allgemein eine Kultur des „Wait to be seated“?
  • Gibt es noch andere gute Cafés in Frankfurt City?

2 Kommentare zu “Wait to be seated – oder ist Anstand Generationsfrage?

  1. I. F. K. Hehlein

    Das Café ist mir bekannt und es ist ziemlich eng bestuhlt. Insofern ist es tatsächlich angenehmer, wenn Besucher nicht im Lokal herum stolpern um einen freien Platz zu finden, sondern warten, um sich von der Bedienung zu einem Tisch bringen zu lassen. Was ich bedauerlich finde ist, dass man das Schild nicht auf Deutsch schreiben kann. Wörtlich übersetzt kling „wait to be seated“ = „warte bis du hingesetzt wirst“ ziemlich unhöflich bis dämlich, auch wenn in den USA solche Schilder gang und gäbe sind. Wie wäre es mit „Bitte warten Sie hier auf einen Kellner“ oder „bitte warten Sie hier, wir kümmern uns um einen Platz für Sie“. Ist zwar etwas länger, aber dann auch für Jüngere und Ältere verständlich und freundlich. Die um sich greifende Epidemie, im öffentlichen Raum alles auf Englisch zu schreiben, nimmt im Übrigen immer albernere Formen an. So begegnete mir dieser Tage der Satz in einem ansonsten empfehlenswerten Imbiss- und Suppenlokal „We skip the straw“. Geht’s noch! Wird hier über Stroh gehüpft oder was? Nein, soll heißen, wir verzichten auf Strohhalme – der Umwelt zuliebe. In der Sache vernünftig, aber muss man sich immer hinter Englisch verstecken und kann nicht Klartext schreiben. Oder meint man damit zeigen zu müssen „hallo, wir sind so hip und können auch Englisch“. Schlechtes Englisch kann Hierzulande inzwischen fast jeder, gutes Deutsch leider immer weniger.

    1. LOK Autor des Beitrags

      Ich zitiere mal aus meinem Beitrag:

      ein „Wait to be seated“ nur in deutsch und schön ausformuliert.

      Die Kritik ist somit vollkommen unberechtigt, da es sich eben um eine schön ausformulierte Bitte handelt, zu warten bis man zum Platz begleitet wird.
      Des Weiteren bin ich nicht der Meinung, dass das „wait to be seated“ irgendwie unhöflich zu verstehen ist, ob man in Deutschland viele englische Worte oder Sätze verwenden sollte, ist ein ganz andere Thema. Ich persönlich habe nichts gegen Englisch, nur der Mix der hier oft getrieben wird ist grausam… ich sagen nur „Back-Shop“… gibt es da Rücken zu kaufen?
      Dies ist aber ein anderes Thema :)

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