Heute – an unserem letzen vollen Tag hier in Barcelona – besuchen wir dann auch „endlich“ das wohl bekannteste und beliebteste Sight der Stadt: die Sagrada Familia. Warum erst heute? Da dies der erste Tag ist, an dem wir noch Tickets bekommen haben – verrückt, wir sind doch in der Nebensaison hier.
Unsere Tickets gelten erst um 13:30 Uhr, dennoch fahren wir bereits vormittags los, machen zunächst ein paar Fotos der Sagrada Familia von außen und ziehen dann durch das umliegende Stadtviertel, das wir heute auch besichtigen wollen. Durch die Straßen erreichen wir zufällig den „Mercat dels Encants“ – keine typische Viertel-Markthalle, sondern ein großer, sehr voller Markt, auf dem es unterschiedlichste Produkte gibt, von Ramsch, über Rucksäcke zu Stoff und anderen Näh-Utensilien. Die Umgebung um diesen Markt ist aber vornehmlich Baustelle und gefühlt eine nicht so „gute“ Gegend.
Nun nutzen wir den noch fehlenden ÖPNV-Typ zurück in Richtung Sagrada Familia: Wir fahren Straßenbahn … jetzt nicht gerade ein Event ;) aber genauso praktisch wie der ganze ÖPNV hier.
Zurück zur Kirche: Sie wurde komplett von Gaudí entworfen und auch begonnen zu bauen. Dabei war ihm stets bewusst, dass er die Fertigstellung nicht miterleben wird. Daher hat er alles im kleinsten Detail vorgeplant und dokumentiert. Dabei hat er auch vorausgesetzt, dass es in Zukunft neue Technologien geben wird, die die eine oder andere offene Herausforderung lösen wird – spannender Ansatz. Die Kirche sollte 2026 – zum 100-jährigen Todestag Gaudís – fertiggestellt werden, realistischer ist mittlerweile aber wohl 2033.
Die Sagrada Familia hat drei verschiedene Fassaden, die sich deutlich von einander unterscheiden – sowohl in Baustil, als auch anhand der dargestellten Themen. Gaudí hat für jede Fassade nämlich einen anderen Teil der Bibel als Vorbild genommen, daher wird die Kirche teils auch als Bibel aus Stein bezeichnet.
Der Innenraum ist von den Farben her sehr schlicht gehalten, vornehmlich grau bzw. Steinfarben. Dennoch gibt es hier einiges zu sehen, so sind die Säulen alle unterschiedlichen Ausmaßes und haben an der Spitze „Verästelungen“, die die Kirche wie einen Wald aussehen lassen sollen. Der Audioguide weißt uns dazu noch auf verschiedene andere Details hin. So ist das Material der Säulen beispielsweise nach dem zu tragenden Gewicht gewählt und an den Geländern der Chöre kann man Punkte erkennen, die die Noten verschiedener liturgischer Hymnen darstellen. Alle Maße dieser Kirchen sind proportional zueinander, Gaudí hat wohl Mathe geliebt. Sehr faszinieren sehen auch die Treppenhäuser aus, die sich in die Höhe schrauben.
Insgesamt habe ich beim ersten Betreten der Kirche (ohne Audioguide) das Gefühl, dass wir hier nicht sonderlich lange verbringen werden und, dass sich der doch echt hohe Eintrittspreis evtl. nicht lohnen wird. Doch dann haben wir an diesem etwas bewölktem Tag sehr viel Glück: Während wir in der Kirche sind, klart der Himmel auf und die Sonne sorgt für ein ganz anderes Erlebnis. Kurz gesagt, diese Kirche lebt von der Sonne, die durch die vielen, großen, unterschiedlich bunten Fenster den ganzen Raum in ein schönes Farbenspiel taucht.
Unter der Kirche können wir dann noch ein Museum besuchen, in dem u.a. auch die Modell-Werkstatt liegt. Hier wird nach Vorbild Gaudís jeder Umsetzungsschritt zunächst in einem proportionalen Modell getestet, bevor die echte Umsetzung begonnen wird – mittlerweile allerdings mit Hilfe von 3D-Druckern.
Nach guten 2 Stunden verlassen wir das Kirchengelände bei strahlendem Sonnenschein und suchen uns noch etwas zu essen. Hier vor Ort sehen wir einen Taco Bell, da wir von diese Fast-Food-Kette bisher zwar gehört, diese aber nie besucht haben, wollen wir es mal riskieren. An den Automaten bestellen wir eine Kleinigkeit, Tine sucht einen passenden Platz im Obergeschoss und ich warte auf das Tablett. Als ich oben ankomme, steht ein seltsamer Typ in der Nähe unseres Tischs herum und Tine erzählt mir, dass er ihr irgendwas auf dem Handy gezeigt hat und was von Bolt und Catalunya gefaselt hat. Er zieht aber von dannen und wir denken uns nicht viel. Während ich noch einen kleinen Nachtisch hole, beginnen die Tischnachbarn, ein asiatisches Pärchen, aber plötzlich verzweifelt ihren Rucksack zu suchen. Es wird schnell klar, dass dieser weg ist. Es muss sich hier um eine Taschendieb-Gruppe gehandelt haben. Einer, der durch das Herumlaufen erkundet, ein weiterer (der mit dem Handy) lenkt ab und der dritte angelt die Tasche. Gut, dass wir unsere Taschen nie an den Gang stellen – hier hat die Gruppe die Tasche wohl eher Tine zugeordnet, da das Besitzerpärchen diese auf dem Boden hinter sich stehen hatte. Ein großer Rucksack mit Foto, Pass und allem drin – da ist der Urlaub wohl jetzt gelaufen oder zumindest deutlich getrübt. Andere Gäste helfen noch den Diebstahl der Polizei zu melden und mit der Botschaft Kontakt aufzunehmen.
Nach einem erlebnisreichen, späten Mittagessen machen wir uns auf zurück zur Unterkunft und zum Packen, denn morgen geht es wieder zurück Richtung Deutschland.