Heute ist unsere letzter Tag in Aviemore, nach dem Frühstück noch schnell die letzten Sachen packen und los geht’s zu einem unserer Highlights: die Cairngorm Reindeer Herd
Wir treffen deutlich rechtzeitig am Reindeer Center am Loch Morlich ein und bekommen die Information, wo wir mit unserem Auto hinfahren sollen, um von dort zu der Rentier-Herde zu wandern. Da der Treffpunkt nur 5 Minuten entfernt liegt, haben wir noch kurz Zeit das Visitor Center zu besuchen, dann geht es aber los. Am Parkplatz noch schnell die Wanderschuhe, Regenhosen und ein dickes Jacken-Inlet angezogen und die Kamera mit der Marke Eigenbau-Tesco-Tüten-Hülle wasserfest gemacht – denn wie sollte es anders sein?… Gerade regnet es.
Nach ein paar Minuten trifft dann auch die Hirtin ein mit einem Sack Rentier-Leckereien, um die Tiere etwas zu bestechen, und es geht los – wir haben Glück: Kein Regen mehr. Auf der Website schreibt die Organisation, dass es sich, je nach dem wo die Herde gerade ist, um eine recht anstrengende Wanderung handeln kann. Wir machen uns also auf einen längeren Aufstieg gefasst, bekommen aber recht schnell erzählt, dass wir Glück haben: da die Rentiere erst vor kurzem Junge bekommen haben, sind sie aktuell nicht komplett frei umherziehend, sondern ausnahmsweise in einem abgetrennten Bereich. Es wird also nicht schwer sie zu finden und auch der Weg dort hin ist nicht übermäßig schwer.
Nach kurzer Wanderung kommen wir auch schon an einen Zaun, durch den wir das große Gelände, in dem die Rentiere aktuell sind, betreten können. Wir bekommen noch ein paar Hintergrund-Informationen und dann geht es auf dem Bohlenweg in das Gelände.
Die Hirtin ruft die Herde und die ersten Tiere kommen interessiert angelaufen. Auch Rentiere scheinen einen einfachen Weg zu bevorzugen, so reihen sich ein Tier vor mir und mehrere zwischen Tine und mir auf dem Weg ein. Wie es scheint ist mein Tüten-Regenschutz sehr interessant für das eine Tier, denn obwohl die anderen schon wieder von dem Weg abgebogen sind, bleibt das Tier nahe an mir und schaut mich groß an, als ich mich zu ihm umdrehe und versuche ihm zu verstehen zu geben, dass es jetzt vielleicht auch vom Weg runter und zu den anderen laufen sollte.
Mitten auf der „Wiese“ erklärt die Hirtin dann noch ein paar Dinge zu den Tieren. So haben bei Rentieren sowohl Männchen als auch Weibchen ein Geweih. Die Männchen verlieren es im Winter, wo hingegen die Weibchen es bis in den Frühling und damit bis zur Geburt der Jungtiere behalten, um sich gegen die Männchen durchsetzen zu können, wenn es um die Futtersuche geht.
Die Herde ist eigentlich komplett freilaufend und nur in der kurzen Zeit um die Geburt der Jungtiere herum wird sie in einem (riesigen) Gehege gehalten, um nach den Tieren schauen zu können. Wir bekommen erzählt, dass in ein bis zwei Wochen dann die Zäune geöffnet werden und die Tiere weiter auf den Gipfel der Berge laufen. Wir erfahren auch, dass Rentiere nur am Unterkiefer kleine Zähne haben, der Oberkiefer hingegen ist eine Platte – sie können also nicht richtig beißen, aber sehr gut Gras und im Winter auch Flechten fressen.
Während aller Erklärungen umkreisen uns die Tiere und einige freche versuchen auch schon der Hirtin das Futter aus dem Sack zu klauen. Schließlich hat die Hirtin ein Einsehen mit den Tieren und streut ein wenig Futter verteilt um uns aus, und prompt ist fast die gesamte Herde da. Wir bekommen die Möglichkeit, etwas Futter aus der Hand zu füttern – nur Streicheln ist leider Tabu. Ich schreibe leider, da die Tiere dermaßen flauschig aussehen, dass man sie eigentlich knuddeln möchte.
Kaum haben wir (nacheinander) Futter in der Hand, kommt ein Tier auf uns zu gelaufen und stürzt sich gierig auf unsere Hände – das müssen echte Leckerbissen sein, die gerne heruntergeschlungen werden.
Die Jungtiere halten natürlich etwas mehr Abstand und bleiben immer bei ihrem Muttertier, sind aber teils auch erstaunlich nahe an uns dran.
Sehr interessant sind die Geräusche der Tiere. Zwar hören wir Rufe, diese stammen aber nur von den Jungtieren und ihren Müttern, ansonsten ein ständiges „Klicken“, das durch die Füße ausgelöst wird. So weiß die Herde immer, wo die anderen sind, es muss aber keine wertvolle Wärme dafür abgegeben werden.
Insgesamt verbringen wir etwas mehr als eine Stunde mit den Tieren, bevor wir uns auf den Weg zurück zum Auto machen – natürlich mit zeitweise etwas Regen.
Ein unvergessliches Erlebnis, dass wir jedem nur ans Herz legen können, nur unbedingt dick anziehen. Oberhalb der Baumgrenze ist man dem Wetter und Wind voll ausgeliefert – Rentiere sind nun mal sub-arktisches Klima gewohnt.