Am heutigen Tag entscheiden wir uns, von unser Unterkunft in die Stadt zu laufen. Wir kommen vorbei an der Usher Hall, wollen eigentlich einen Geocache machen, lassen das aber dann spontan lieber mal, denn der Cache scheint von einem eigens dafür abgestellten Polizisten bewacht zu werden und an dem Gebäude tigert ein etwas irrer Pressefotograf wie eingesperrt auf und ab. Naja was soll’s, an der Usher Hall selbst haben wir noch ein paar Antworten für ein Adventure Lab Cache zu suchen und ziehen dann weiter in Richtung Princess Street.
In einer kleinen Straße kurz vor der Parish Church of St. Cuthbert, in der wohl Agatha Christie geheiratet hat, schaue ich zu den Gebäuden und „stolpere“ so im Prinzip über das Büro meines Arbeitgebers hier in Edinburgh – um ehrlich zu sein, war mir nicht klar, dass hier auch eins ist – aber gut ich habe vornehmlich mit den Kollegen unseres Bereiches „DACH“ zu tun und nicht mit der englischen „Mutter“-Gruppe.
Weiter geht es dann aber über den Friedhof der Kirche in die Princess Street Gardens. Wie wir uns an die Informationen von unserem Guide gestern erinnern, war hier früher der „Nor’loch“ – ein sumpfiger See-Bereich, in den alle Fäkalien aus den Closes gespült wurden – zum Glück ist es im Hier und Jetzt wesentlich angenehmer hier. Der Park erstreckt sich weitläufig die ganze Princess Street entlang, es gibt viele Rasenflächen, Bänke und War-Memorials, wobei uns letzteres nur wegen eines Adventure Lab Caches interessiert. Sehr schön ist noch die Blumenuhr mit eigenem Kuckuck am Ende des Gartens, die heute den letzten Schliff der Jubiläums-Bepflanzung zu bekommen scheint.
„Jubiläums-Bepflanzung?“, fragt jemand da sicher. Was uns, bis wir hier in Schottland ankamen, nicht bewusst war: Vom 02. bis 05.06. (also ab morgen) feiert ganz UK in diesem Jahr das 70-jährige Dienst-Jubiläum der Queen („The Queen’s Platinum Jubilee“).
Wir laufen wieder hoch zur Royal Mile, um dort Gladstone’s Land zu besuchen. Wo das ist, wissen wir, denn beim Writers Museum waren wir gestern schon, und hier hing auch ein entsprechendes Straßenschild. Doch wo ist der Eingang des Museums, zu wem wir wollen?
Wir schauen uns um und sehen im Hinterhof vor allem Privat-Eingänge. Gut, dass es Smartphones gibt – wir schauen schnell auf der Website und finden eine Adresse in der Nachbarstraße. Einmal um den Block: Fehlanzeige. Na gut, dann doch auf die Royal Mile selbst, Masken auf und rein ins Getümmel. Dann sehen wir es, die Tickets gibt es in einem Café – interessante Variante. Dank Heritage Mitgliedschaft, bekommen wir die Eintrittskarte kostenlos und werden aus dem Café und zu einer schmalen Treppe neben diesem geschickt. Wir sollen im 3. Geschoss beginnen, gesagt getan. Dort angekommen werden wir von einem freundlichen Mitarbeiter begrüßt, der so gleich beginnt, etwas aus der Historie des Hauses zu erzählen.
Wir sitzen in einem Raum mit zwei Betten, einem kleinen Ofen und einem Tisch. Der Raum wurde von den damaligen Besitzern, nach dem die Tochter aus dem Haus war, an Arbeiter vermietet, die dafür einen nicht unerheblichen Teil ihres Wochenlohns zahlen mussten, dafür aber in einer Stadt mit wenig Wohnraum für die hohe Bevölkerungszahl eine gute Bleibe bekamen. Sehr schön ist, dass der Raum realistisch den damaligen Verhältnissen nachempfunden ist und wir alles anfassen dürfen, wenn wir wollen.
Das Besondere an dem Hauptteil von Gladstone’s Land ist, dass es sich effektiv um einen Anbau an ein bestehendes Haus handelt, so ist die eine Raumseite die Außenwand des ursprünglichen Gebäudes. Die dunklen Deckenbalken aus skandinavischem Holz sind auf jeder Etage kunstvoll bemalt, was erst bei der Restauration durch den NTS zum Vorschein kam.
In den anderen Etagen treffen wir jeweils wieder auf einen Mitarbeiter, der uns unterschiedlichste Geschichten aus der Zeit erzählt, die im Raum nachempfunden wurde. So sind wir im 2. Geschoss in einem Tuch-Geschäft und im 1. dann in einem Wohnraum mit angrenzender Küche, worin 10 Personen leben mussten – und das war in der damaligen Zeit noch viel Platz.
Wir können den Besuch in diesem Museum nur empfehlen, vor allem, wenn man als Mitglied kostenlos hinein darf. Unser Aufenthalt dauert etwa eine Stunde und schützt uns perfekt vor dem Regenschauer, von dem wir erst beim Verlassen des Cafés etwas mitbekommen.
Wir hatten gestern noch keine Fotos vom Eingang der Castle gemacht, da wir jetzt in der Nähe sind, holen wir das nach. Wir haben uns gestern dazu entschieden, keine Tickets für den Eintritt in die Castle selbst zu kaufen, denn hier scheinen pro halbe Stunde 300-400 Personen rein gelassen zu werden, und das ist uns auf jeden Fall zu viel. Dazu kommt, dass das Gelände der Burg zwar interessant aussieht, die gezeigten Innenräume für uns aber eher uninteressant erscheinen. Und dafür dann noch £ 18 pro Person zu bezahlen, finden wir doch etwas happig.
Wir laufen weiter nochmals zur Victoria Street, denn hier gibt es einen Laden names „Oink“, den wir in der Vorab-Recherche sehr empfohlen bekommen haben. Und was es dort gibt, das sagt der Name eigentlich schon aus – Schwein, in dem Fall als Pulled-Pork im Brötchen. Dazu kann man eine von drei Größen, die Brötchensorte, eine zusätzliche Füllung und eine Soße wählen. Tine nimmt Salbei-Zwiebel-Füllung und Apfelmus, ich gehe aufs Ganze und wähle zum „Grunter“ die Haggis-Füllung und BBQ-Soße – und es ist lecker :)
Was wir hier in Schottland unbedingt noch probieren wollen, ist ein Produkt der Frittier-Wut der Schotten: Frittierten Marsriegel haben wir gestern schon vergeblich gesucht, denn irgendwie waren alle kleineren „Buden“ geschlossen. Heute haben wir aber Glück und bekommen das fragwürdige Stück Essen in einem Laden, der laut Google-Bewertungen auch der Go-To-Laden dafür ist, wie wir später lesen. Wir müssen sagen: Das hat schon was, ein babb-süße, warm-klebrig-fettige Masse – aber einer zum Teilen reicht uns.
Anschließend geht es wieder zurück über die Royal Mile hinunter zur Princess Street und dort zum Scots Memorial – hier wollen noch ein paar Fragen beantwortet werden, und zu Jenners, einem ehemaligen Kaufhaus, in das man leider nicht mehr hinein kommt (wie wir vor Ort feststellen müssen), denn die Architektur soll echt schön sein.
Abschließend laufen wir noch etwas durch New Town, in dem deutliche weitere Straßen von Häusern im georgianischen Stil gesäumt werden und alles etwas „cleaner“ aussieht.
Ach – so weit ist es jetzt auch nicht mehr nach Hause, die 15 Minuten gehen jetzt auch noch zu Fuß – das meinen wir zumindest, unsere Füße beschweren sich dann aber doch ganz schön, bis wir in der Unterkunft ankommen.